Unter „Rechtsrealismus“ kann man eine anti-formalistische, meistens soziologische Betrachtung der sozialen Wirklichkeit des Rechts verstehen, die sich aber nicht als bloßer Faktenreduktionismus darstellt, sondern als eine Theorie, die die gesellschaftliche und rechtliche Realität „ernst nimmt“ und daher versucht, sie zu beobachten und zu beschreiben. In diesem Beitrag möchte ich die vom frühen Jhering vertretene Auffassung des positiven Rechts als (zumindest teilweise) realistisch betrachten – trotz der unbestreitbaren formalistischen Grenzen, die die Werke aus seiner frühen theoretischen Phase charakterisieren. Der realistische Aspekt bei Jhering muss meines Erachtens im konstanten Bezug des Rechts auf die Praxis und auf das „Leben“ verstanden werden, der sowohl auf erkenntnistheoretischer Ebene beim Aufbau des Begriffssystems als auch bei der Anwendung des Rechts im konkreten Fall durch die Berufung auf das „Rechtsgefühl“ und den „Rechtssinn“ gegenwärtig ist. Dennoch muss man sich bei Jhering einer fast paradoxen Situation gewahr werden: In dem Moment, in dem er die Produktion des Rechts durch die Juristen und Richter theoretisiert, ist sich Jhering nicht der Tatsache bewusst, daß das Juristenrecht nur kontingentes und daher positives Recht sein kann.
Die Positivität des Rechts beim frühen Jhering: Zwischen Formalismus und Realismus / Belvisi, Francesco. - STAMPA. - (2003), pp. 429-458.
Die Positivität des Rechts beim frühen Jhering: Zwischen Formalismus und Realismus.
BELVISI, Francesco
2003
Abstract
Unter „Rechtsrealismus“ kann man eine anti-formalistische, meistens soziologische Betrachtung der sozialen Wirklichkeit des Rechts verstehen, die sich aber nicht als bloßer Faktenreduktionismus darstellt, sondern als eine Theorie, die die gesellschaftliche und rechtliche Realität „ernst nimmt“ und daher versucht, sie zu beobachten und zu beschreiben. In diesem Beitrag möchte ich die vom frühen Jhering vertretene Auffassung des positiven Rechts als (zumindest teilweise) realistisch betrachten – trotz der unbestreitbaren formalistischen Grenzen, die die Werke aus seiner frühen theoretischen Phase charakterisieren. Der realistische Aspekt bei Jhering muss meines Erachtens im konstanten Bezug des Rechts auf die Praxis und auf das „Leben“ verstanden werden, der sowohl auf erkenntnistheoretischer Ebene beim Aufbau des Begriffssystems als auch bei der Anwendung des Rechts im konkreten Fall durch die Berufung auf das „Rechtsgefühl“ und den „Rechtssinn“ gegenwärtig ist. Dennoch muss man sich bei Jhering einer fast paradoxen Situation gewahr werden: In dem Moment, in dem er die Produktion des Rechts durch die Juristen und Richter theoretisiert, ist sich Jhering nicht der Tatsache bewusst, daß das Juristenrecht nur kontingentes und daher positives Recht sein kann.Pubblicazioni consigliate
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