Die Dialektik von Himmel und Erde zwischen Klassik, Romantik und Realismus am Beispiel von den "Wahlverwandtschaften", "Heinrich von Ofterdingen" und "Immensee" / Giacobazzi, Cesare. - (2016), pp. 249-260.
Die Dialektik von Himmel und Erde zwischen Klassik, Romantik und Realismus am Beispiel von den "Wahlverwandtschaften", "Heinrich von Ofterdingen" und "Immensee".
GIACOBAZZI, Cesare
2016
Abstract
Wir können in der Dialektik von Himmel und Erde zwischen Klassik, Romanitk und Realismus ein Gegensatzpaar feststellen. Bei der Klassik hat die irdische Polaritä die Oberhand, bei dem Realismus die Himmlische und im Falle der Romantik können wir von einer offenen Synthese sprechen. Denn auf ihre eigene Weise haben diese moderne Epochen diese Dialektik als Liebesmotiv bzw. in der Diskursform der Liebeserklärung konzipiert und behandelt. War in der Vormoderne der Himmel nur als Raum sinnlicher Genüsse gedacht, so hat der moderne Mensch gewagt, als irdisches Wesen den Himmel zu entwerfen. Literarische Werken bezeugen, in welcher Weise dieses Wagnis gestaltet wird und wie es zum Scheitern verurteilt ist. In der Klassik wird die Erde am Beispiel von den Wahlverwandtschaften von Goethe überschätzt und als eine Herrscherin gedacht, die den Himmel erobert. Anstatt aber eines Himmelreichs schafft der Mensch eine Hölle und darin wiederholt sich die biblische Verdammnis der Vertreibung aus dem Paradies derjenigen, die so wie Gott sein wollen. Im Realismus wird der Held am Beispiel von der Novelle Immensee von Storm auf eigene Weise tragisch untergehen. Seine Schuld besteht darin, dass er sich einen eigenen Himmel besorgt, der ausschliesslich aus sprachlichen Phantasiebildern besteht. Dabei verkennt er und vergießt vollkommen das irdische Leben. Im Unterschied zu den Figuren in den Wahlverwandtschaften ist seine Verdammnis eine rein persönliche Tragödie und geschieht in einem undramatischen und langweiligen Alltag: Er lebt in einer eigenen Welt und einsame und ereignislose Tage sind bis in die älteren Jahre hinein seine realistische Hölle. Im romantischen Roman Heinrich von Ofterdingen wird eine konfliklosen Polarität zwischen Himmel und Erde inszeniert, die das Gegenteilige nicht ausschliesst, sondern braucht, um sich selbst zu erfahren. Der romantische Held erfährt die himmlische Freude der Liebe aus der einzigen Perspektive, die dem irdischen Menschen gewährt wird: aus jener des Verlustes und der Abwesenheit. Gerade das, was hier auf der Erde fehlt, wächst in der Form einer Sehsucht und materialisiert sich in der Form eines Strebens nach dem, was im Hier und Jetzt nie erreicht werden kann. So findet die Tragik des Lebens im Roman Heinrich von Ofterdingen eine poetische Perspektive, die Räume für eine versöhnliche Kömodie offen lässt.File in questo prodotto:
File | Dimensione | Formato | |
---|---|---|---|
Aufsatz-HimmelstagungDEF (2).pdf
Accesso riservato
Tipologia:
Versione pubblicata dall'editore
Dimensione
339.47 kB
Formato
Adobe PDF
|
339.47 kB | Adobe PDF | Visualizza/Apri Richiedi una copia |
Pubblicazioni consigliate
I metadati presenti in IRIS UNIMORE sono rilasciati con licenza Creative Commons CC0 1.0 Universal, mentre i file delle pubblicazioni sono rilasciati con licenza Attribuzione 4.0 Internazionale (CC BY 4.0), salvo diversa indicazione.
In caso di violazione di copyright, contattare Supporto Iris