Neue Leben bietet uns die Möglichkeit, eine neue Sicht der ersten Jahren in den neuen Bundesländern zu entdecken und aufzuarbeiten. Wir erfahren durch die Briefe von Enrico Türmer paradigmatisch, wie die Menschen nach dem Mauerfall ausschließlich mit der Frage beschäftigt waren, wie man sich in einer fremdgewordenen Welt durchschlagen konnte. Die Aufmerksamkeit war also auf sich selbst gerichtet, auf die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten bei dem fremdartigen Spiel mitzumachen. Man musste sich sozusagen neu entdecken und neu gestalten, gerade indem man mit der Erkundung des Neuen beschäftigt war. Man war noch nicht in der Lage, hinter den wunderbaren Entdeckungen in einer wunderbaren Traumwelt versteckte Tücken auszumachen. Anstatt reflexiv und kritisch zu sein, war man bemüht, alle vom Spiel angebotenen Möglichkeiten aufzugreifen, um Wissen und Erfahrungen nachzuholen und mitspielen zu können. Über ein Jahrzehnt später sind wir uns dessen bewusst geworden, dass die Ostler das Spiel der Westler wie Schelme gespielt haben, ohne also genau zu wissen, welche Regeln galten und was es zu verlieren und zu gewinnen gab. Jetzt stellt sich die Frage, ob sie in diesen Spielregeln noch gefangen sind, oder ob es ihnen möglich ist, etwas Neues und etwas Anderes zu spielen. Es ist im Endeffekt die Frage, ob sie aus der Erfahrung als Schelme das Bewusstsein des Vorläufigen und des Veränderbaren gewonnen haben oder nicht.
Neue Leben von Ingo Schulze als Schelmenroman: Formelle Aspekte und wirkungsästhetische Funktion der pikaresken Tradition, / Giacobazzi, Cesare. - (2014), pp. 165-174. (Intervento presentato al convegno Im Osten geht die Sonne auf tenutosi a Ferrara - Italia nel Novembre 2014).
Neue Leben von Ingo Schulze als Schelmenroman: Formelle Aspekte und wirkungsästhetische Funktion der pikaresken Tradition,
GIACOBAZZI, Cesare
2014
Abstract
Neue Leben bietet uns die Möglichkeit, eine neue Sicht der ersten Jahren in den neuen Bundesländern zu entdecken und aufzuarbeiten. Wir erfahren durch die Briefe von Enrico Türmer paradigmatisch, wie die Menschen nach dem Mauerfall ausschließlich mit der Frage beschäftigt waren, wie man sich in einer fremdgewordenen Welt durchschlagen konnte. Die Aufmerksamkeit war also auf sich selbst gerichtet, auf die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten bei dem fremdartigen Spiel mitzumachen. Man musste sich sozusagen neu entdecken und neu gestalten, gerade indem man mit der Erkundung des Neuen beschäftigt war. Man war noch nicht in der Lage, hinter den wunderbaren Entdeckungen in einer wunderbaren Traumwelt versteckte Tücken auszumachen. Anstatt reflexiv und kritisch zu sein, war man bemüht, alle vom Spiel angebotenen Möglichkeiten aufzugreifen, um Wissen und Erfahrungen nachzuholen und mitspielen zu können. Über ein Jahrzehnt später sind wir uns dessen bewusst geworden, dass die Ostler das Spiel der Westler wie Schelme gespielt haben, ohne also genau zu wissen, welche Regeln galten und was es zu verlieren und zu gewinnen gab. Jetzt stellt sich die Frage, ob sie in diesen Spielregeln noch gefangen sind, oder ob es ihnen möglich ist, etwas Neues und etwas Anderes zu spielen. Es ist im Endeffekt die Frage, ob sie aus der Erfahrung als Schelme das Bewusstsein des Vorläufigen und des Veränderbaren gewonnen haben oder nicht.File | Dimensione | Formato | |
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