Der Begriff der Mediation wurde in der relativ kurzen Zeit seit der Konzeption des Verfahrens für den Bereich des Rechts zu einem Zauberwort hochstilisiert. Transferiert auf unterschiedlichste Situationen, in denen Konflikte zu bewältigen sind, gilt die durch Dritte gelenkte Problemlösung von Streitfragen gegenwärtig als der Königsweg zur Überwindung von Differenz und Distanz. Denn einerseits, so die theoretische Prämisse, hilft dieses Verfahren den beteiligten Streitparteien, sich ihrer jeweiligen Position und Ansprüche klar zu werden. Andererseits trägt es dazu bei, Eskalation und Katastrophe zu vermeiden. Diesem hohen Anspruch entsprechend wird der Tätigkeit des Mediators bzw. der Mediatorin entscheidende Bedeutung zugemessen. Damit wird aber auch der oder dem Dritten die eigentliche Verantwortung für das Gelingen des Verfahrens überbürdet; die Streitparteien werden entlastet, im schlechteren Fall sogar ans Gängelband genommen.Wenn im Beitrag dem literarischen Text eine Mediationsfunktion zugetraut wird, so aus der Überzeugung, dass der in Konfliktsituationen handelnde Mensch seine Verantwortung nicht an Dritte delegieren, sondern vielmehr sich ihr bewusst stellen sollte und dass dieses Sich-seiner-Verantwortung-Stellen von (künftigen) Handelnden auch aus geeigneten (literarischen) Texten gelernt werden kann. Nicht ohne Grund war eine der zentralen Aufgaben des griechischen Theaters die Erziehung des Volkes. Am Beispiel einer Lektüre von Goethes „Iphigenie auf Tauris“, insbesondere des letzten Aktes, wird die Rolle des sprachlichen Handelns für Konfliktverläufe herausgearbeitet. Dabei geht es vor allem um die Frage, welche sprachlichen Handlungsweisen Streitpartner zur Dämpfung bzw. Lösung ihres Konfliktes einsetzen können.

Goethes „Iphigenie auf Tauris“ – ein Schulbeispiel in Mediation? / Hornung, Antonie. - STAMPA. - (2011), pp. 1-256.

Goethes „Iphigenie auf Tauris“ – ein Schulbeispiel in Mediation?

HORNUNG, Antonie
2011

Abstract

Der Begriff der Mediation wurde in der relativ kurzen Zeit seit der Konzeption des Verfahrens für den Bereich des Rechts zu einem Zauberwort hochstilisiert. Transferiert auf unterschiedlichste Situationen, in denen Konflikte zu bewältigen sind, gilt die durch Dritte gelenkte Problemlösung von Streitfragen gegenwärtig als der Königsweg zur Überwindung von Differenz und Distanz. Denn einerseits, so die theoretische Prämisse, hilft dieses Verfahren den beteiligten Streitparteien, sich ihrer jeweiligen Position und Ansprüche klar zu werden. Andererseits trägt es dazu bei, Eskalation und Katastrophe zu vermeiden. Diesem hohen Anspruch entsprechend wird der Tätigkeit des Mediators bzw. der Mediatorin entscheidende Bedeutung zugemessen. Damit wird aber auch der oder dem Dritten die eigentliche Verantwortung für das Gelingen des Verfahrens überbürdet; die Streitparteien werden entlastet, im schlechteren Fall sogar ans Gängelband genommen.Wenn im Beitrag dem literarischen Text eine Mediationsfunktion zugetraut wird, so aus der Überzeugung, dass der in Konfliktsituationen handelnde Mensch seine Verantwortung nicht an Dritte delegieren, sondern vielmehr sich ihr bewusst stellen sollte und dass dieses Sich-seiner-Verantwortung-Stellen von (künftigen) Handelnden auch aus geeigneten (literarischen) Texten gelernt werden kann. Nicht ohne Grund war eine der zentralen Aufgaben des griechischen Theaters die Erziehung des Volkes. Am Beispiel einer Lektüre von Goethes „Iphigenie auf Tauris“, insbesondere des letzten Aktes, wird die Rolle des sprachlichen Handelns für Konfliktverläufe herausgearbeitet. Dabei geht es vor allem um die Frage, welche sprachlichen Handlungsweisen Streitpartner zur Dämpfung bzw. Lösung ihres Konfliktes einsetzen können.
2011
(Be-)Richten und erzählen. Literatur als gewaltfreier Diskurs?
9783770549283
Fink
GERMANIA
Goethes „Iphigenie auf Tauris“ – ein Schulbeispiel in Mediation? / Hornung, Antonie. - STAMPA. - (2011), pp. 1-256.
Hornung, Antonie
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